Unrau50

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5 years ago @ http://www.pesterlloyd... - Artikel 7 gegen Ungarn... · 3 replies · +2 points

Eine interessante Frage bzw Schlussfolgerung aus einem Artikel zur EU und dem nun gegen Ungarn eingeleiteten Verfahren:

"Artikel 7 repariert keine Demokratie

Bei allem Epochalen, was der Beschluss des EU-Parlamentes bedeutet, steht indes fest, dass eine Re-Demokratisierung Ungarns und damit der Verbleib des Landes in der Europäischen Gemeinschaft nur von den Ungarn selbst erreicht werden kann. Ein Entzug der EU-Gelder, der eine theoretische Folge der Stimmrechtsverluste und eine Weiterung des Verfahrens sein könnte (Belege für Raub im Milliardenmaßstab gibt es zu Hauf, OLAF kann sich gerne bei uns melden), kann Orbán stürzen, - eine Demokrtie aufbauen kann man mit Geld aber nicht. Dazu braucht es Demokraten. Unkäufliche."

Genau das ist das Problem in Mittel-Osteuropa und gerade auch in Ungarn: es fehlt das demokratische Bewußtsein.

Aber was heißt das, was ist ein demokratisches Bewußtsein?

Im Kern ist es m.E. das Wissen davon, dass ich Rechte habe, die mir nicht genommen werden können. Und dass ich das Recht habe, in meinen Handlungen meinen wohlverstandenen eigenen Interessen zu folgen. Dass ich also meine Handlungen an meinen wohlverstandenen eigenen Interessen ausrichten kann und darf, was alerdings auch voraussetzt, dass ich diese Interessen in richtiger Weise erkannt habe, was sicherlich nicht immer einfach ist und ein hohes Maß an Kritikfähigkeit voraussetzt. Dies bedeutet zunächst einmal die Fähigkeit zu Selbstkritik, aus der dann aber eben auch die Fähigkeit zur Standortbestimmung und zur Gesellschaftskritik, zur Kritik an den bestehenden Umständen und den Bedinungen erwächst.

Vor 40 Jahren hätte im Westen Europas wohl jeder einem solchen Satz zugestimmt. Seit der geistig-moralischen Wene allerdings unter Kohl und Lambsdorff ist das auch dort, also hier, in Frage gestellt. Nicht in der Welt der Gedanken in erster Linie, hier darf man immer noch Adorno zitieren, wohl aber in der Welt des materiellen Lebens. Wer Hartz IV empfängt, wird Adorno weniger zitieren. Und wer davon lebt, aus prekär beschäftigten Menschen Gewinn zu ziehen, der wird weniger Interesse daran haben, dass seine Employers Adorno kennen und zitieren können. "Man kann einen Menschen mit einer Wohnung genau so gut erschlagen wie mit einer Axt", diesen Satz von Brecht kann man abwandeln: man kann einen Menschen mit prekären Arbeitsverhältnissen ebenso mundtot machen wie mit dem Warenfetisch.

In Ungarn kommt hinzu, dass die Menschen in Ungarn bruchlos vom Obrigkeitsstaat der KuK Monarchie in den der Horty Regierung wechselten, dann vom Kommunismus beglückt wurden und keine Chance hatten, jemals ein Bewußtsein ihrer eigenen Situation zu entwickeln und ihre Interessen zu bestimmen. Jetzt spricht Orbán für sie. Und ohne, dass sie sich dagegen gewehrt hätten und ohne, dass sie es überhaupt gemerkt hätten, ändert er nach seinem Wahlsieg 2010, der ihm eine 2/3 Mehrheit beschert hat, das Wahlrecht so, dass jetzt ein Stimmenanteil von 48,7 % bei den Wahlen im April zu einer voll fetten 2/3 Mehrheit der Sitze im Parlament führt.

Also, wenn es um Demokratie geht und um die Achtung der unveräußerlichen Rechte des Menschen und darum, dass die Menschen, alle Menschen, in die Lage versetzt werden,ihre Rechte zu erkennen und ihre Handlungen an ihren wohlverstandenen Interessen auszurichten, dann muss in Europa mehr passieren, als Artikel 7 gegen Ungarn zu tiggern. Damit kann man vielleicht die Korruption in Ungarn und das Banditentum (der "betyár" ist eine populäre ungarische Figur in der nationalen Erzählung) eindämmen, aber, und da hat der Pester Lloyd recht, eine Demokratie erbaut man damit nicht.

Um dieses Ziel zu erreichen, ist auch Europa gefordert, zur Arbeit an sich selbst.

12 years ago @ http://www.pesterlloyd... - Herabgestuft: Ungarn r... · 1 reply · +2 points

Wie lange wird denn dem Pester Lloyd noch eine Viktor kritische Berichterstattung möglich sein ?
Aber ich muß sagen, ihr sprecht mir aus dem Herzen, Leute.
Nun haben zwar die Ungarn Orbán im April 10 mit einer 2/3 Mehrheit ausgestattet, aber diesen entfesselten Nationalismus haben sie nun wahrlich nicht verdient. Wie man im 20. Jhdt sehen kann, geht ein solcher Nationalismus in der Regel mit ökonomischer Unkenntnis einher.
Schade, dass dies den Ungarn nicht erspart geblieben ist.
Aber, was man natürlich sagen muß: Viktor hat ein fabelhaftes Geschick darin, sich diesen Staat unter den Nagel zu reißen und sich seinen Einfluss auch für die Zeit nach seiner Ära zu sichern, wenn die Ungarn, aufgewacht, ihn wieder verjagen sollten.